Erziehungs- und Familienberatung in der konkreten Zusammenarbeit mit Eltern, Kindern, Jugendlichen und Familien

von

Bemd Sacknieß
Hans-Reinhard Schmidt


Der letzte Anstoß, manchmal auch eine geduldige Motivationsarbeit zur ausschließlich freiwilligen Anmeldung bei uns erfolgt durch ErzieherInnen in den Tageseinrichtungen, Lehrerinnen, Ärztinnen, Jugendämter, zunehmend aber auch durch Bekannte, die eigene Erfahrungen mit Beratung oder Therapie gemacht haben.

Den ersten Kontakt zu uns knüpfen die Eltern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen (letztere bis zum Alter von 27 Jahren) durch eine telefonische oder persönliche Anmeldung. Wir bemühen uns, ihnen innerhalb von 2 bis 4 Wochen ein erstes Beratungsgespräch anzubieten, bei akuten Krisen natürlich auch sehr kurzfristig.

In diesem Erstgespräch besprechen wir mit den erschienenen Familienmitgliedern ihr Anliegen ausführlich und klären das weitere Vorgehen. Es erfolgen erste diagnostische Einschätzungen der individuellen und der familiären Dynamik und der Lebenswelt der Familie. Dabei spielt die Berücksichtigung des Anliegens der Familie einschließlich ihrer Selbsthilfekräfte (Ressourcen) ebenso eine Rolle wie die Berücksichtigung sonstiger unterstützender Möglichkeiten auch außerhalb der Familie. Stierlin (1996) beschreibt dies mit den Stichworten "Kundenorientierung, Ressourcen-oder Lösungsorientierung und Kontextorientierung." Daraus ergeben sich eventuell schon erste Veränderungen der Problemsicht. Erste Ziele werden abgesprochen, ein Arbeitsbündnis geschlossen und das weitere Vorgehen vereinbart. Nicht immer gelingt dies bereits im ersten, sondern erst in einigen weiteren Gesprächen.

Je nach Bedarf (Indikation) werden -oft nach einer Fallbesprechung im Team- weitere diagnostische, beraterisch-psychotherapeutische Leistungen für die ganze Familie, Familienteile (z.B. das Eltern- bzw. Ehepaar, oder Kinder und leiblicher Elternteil) oder einzelne Familienmitglieder (z.B. ein Kind oder ein Elternteil) empfohlen und vereinbart. Dabei können zusätzliche Spezialisten der Beratungsstelle hinzugezogen werden (z.B. der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut), oder andere Fachabteilungen des Heinrich-Meng-Instituts können zwanglos konsultiert werden, wenn es angezeigt erscheint (z.B. der Schulpsychologe oder der Kinderarzt). Auch die Zusammenarbeit von zwei Erziehungs- und Familienberatern (Co-Therapie) kann vorteilhaft sein.

Auch die fachliche Zusammenarbeit mit anderen Personen und Institutionen im Auftrag der Ratsuchenden kann den Beratungserfolg steigern. Eltern, Kind oder Jugendlicher entbinden uns und die andere Person bzw. Einrichtung dann von der gesetzlichen Schweigepflicht

Die meisten unserer Klienten holen sich nur eine relativ kurze Beratung/Behandlung von bis zu 15 Beratungs-/Behandlungskontakten. Aber in Fällen schwerwiegenderer psychoneurotischer, vegetativ-funktioneller oder psychosomatischer Erkrankungen ist auch längere Psychotherapie bei uns möglich, obwohl Larigzeittherapien über mehrere Jahre nicht unbedingt zum Aufgabenbereich einer Erziehungsberatungsstelle gehören, von ihrer im Vergleich zu Psychotherapien mit kurzer bis mittlerer Dauer fraglich größeren Effektivität einmal abgesehen (s. K Grawe: Psychotherapie im Wandel. 3. Auftg. Hogrefe 1994).